Online-Diskussion mit Christian Jacob (Journalist, taz), Kristin Pelzer (Ärzte ohne Grenzen) und Claus Sasse von Alarmphone München. Moderation: Matthias Weinzierl (Münchner Flüchtlingsrat)
Mit der Reihe Can’t relax in… befassen sich das Bellevue di Monaco und Alarmphone München mit der aktuellen flüchtlingspolitischen Situation in unterschiedlichen Ländern und stellen lokale Initiativen und Projekte vor.
Seit 2011 herrscht in Libyen ein Bürgerkrieg. Mittendrin in diesem Chaos aus Gewalt leben fast eine Million Migrant_innen, die vor Krieg und Armut geflohen oder zum Arbeiten nach Libyen gekommen sind. Tausende von ihnen haben auch Europa als Ziel. Doch mit Hilfe der EU setzt die “libysche Einheitsregierung” alles daran, die Schutzsuchenden an der Weiterreise zu hindern und interniert sie in Haftlagern. Dort sind sie schlimmsten Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt: Folter, Vergewaltigung, Versklavung und Hinrichtungen sind an der Tagesordnung. Viele dieser Internierungslager werden von bewaffneten Milizen betrieben, für die das Betreiben solcher Lager ein profitables Geschäft ist.
Dem UNHCR und IOM wird der Zugang zu den Lagern erschwert. Der Krieg und die katastrophalen Bedingungen in den Lagern treibt weitere Migrant_innen zur gefährlichen Überfahrt übers Mittelmeer. Viele Flüchtende ertrinken oder werden von der sogenannten libyschen Küstenwache im Auftrag der EU abgefangen. Alleine 2019 wurden ca. 7000 Bootsflüchtlinge zurück in die libysche Hölle gebracht. Eine Verbesserung der Lage ist nicht in Sicht. Selbst die bei der „Libyen-Konferenz“ Anfang dieses Jahres in Berlin ausgehandelte Waffenruhe zwischen den Kriegsparteien wird nicht eingehalten. Stattdessen entwickelt sich aus dem Bürgerkrieg ein Stellvertreterkrieg anderer Nationen, die die ökonomische und politische Kontrolle über die Region bekommen wollen.
In der Diskussion wird erörtert, wie NGOs trotzdem versuchen, die Menschen vor Ort zu unterstützen. Was berichten die Aktivist*innen von Alarmphone über die Situation vor Ort, die regelmäßig Hilferufe von in Seenot geratenen Geflüchteten erhalten? Welches Interesse verfolgt die EU bei der Unterstützung der sogenannten libyschen Küstenwache? Und was müsste nach der Libyen-Konferenz in Berlin von politischer Seite aus passieren, um den Bürgerkrieg und die Menschenrechtsverletzungen in den Lagern zu stoppen?
Titelbild: Bellevue di Monaco