Auf der App „Letsact“ werden suchende Freiwillige fündig: Einfach und unbürokratisch kann man sich für ehrenamtliche Projekte anmelden
Hausaufgabenhilfe, Frösche retten, Öffentlichkeitsarbeit – die Möglichkeiten, sich ehrenamtlich einzubringen sind vielfältig. Noch sind aber nicht alle dort angekommen, wo sie schon lange sein könnten: Viele Menschen suchen nach dem passenden Projekt, in dem sie ihre Stärken und Ressourcen einbringen können. Laut dem Freiwilligensurvery des Bundesfamilienministeriums engagieren sich bereits 44 Prozent der Deutschen ehrenamtlich. Weitere 33 Prozent der Deutschen würden gerne ein Ehrenamt ausüben, stoßen aber bei der Suche nach der passenden Organisation oder dem passenden Projekt auf Herausforderungen: Viele Datenbanken sind veraltet und die Kommunikation mit den Organisationen ist oft mit großem Aufwand verbunden – bis die richtige Telefonnummer gefunden ist, erliegt der edle Wunsch nach gesellschaftlichem Engagement vielleicht schon der Frustration. Das wollen Ludwig Petersen und Paul Bäumler ändern und haben deswegen das Social Business „Letsact“ gegründet.
Letsact ist eine Plattform für lokale und internationale Freiwilligenarbeit, die direkten Zugang zu freiwillig-sozialen Projekten schafft. Hilfesuchende Organisationen kreieren Projekte auf der Plattform und Freiwillige können sich mit nur einem Klick auf der App dazu für diese anmelden. Damit wird eine schnellere und einfachere Teilnahme an passenden sozialen Engagements ermöglicht sowie auch ein direkter Kommunikationskanal zwischen Freiwilligen und Organisationen geschaffen. Durch letsact geht keine Zeit mehr bei der Suche nach Freiwilligenprojekten verloren, sondern kann direkt in die Freiwilligenarbeit investiert werden.
Gründung aus Bedarf
Paul und Ludwig kennen sich noch aus der Schulzeit. Sie waren schon in damals in unterschiedlichen ehrenamtlichen Projekten involviert und haben sich oft darüber geärgert, dass sie zwar nur mit wenigen Klicks eine Wohnung in Italien buchen können, aber ehrenamtliches Engagement noch immer mit großem Recherche- und Zeitaufwand gekoppelt ist. Außerdem sahen sie es kritisch, dass bei Auslandsaufenthalten von Freund*innen für Volunteering große Summen an Geld an vermittelnde Agenturen ausgegeben wurden. So sind sie in unterschiedlichen Gesprächen zu dem Schluss gekommen, dass für einen digitalen Zugang zu Ehrenamt mal richtig angepackt werden müsste. Sie sahen, dass die technischen Möglichkeiten dafür gegeben waren. David drückt das so aus: „Und dann dachten wir uns, wenn wir’s machen, dann machen wir es richtig“ – so wurde Letsact 2017 gegründet und ging Anfang 2018 online.
Inzwischen nutzen bereits über 25.000 Teilnehmer*innen und über 500 Organisationen die App. Sowohl die Organisation der Teilnahme an einem Projekt als auch die Kommunikation kann über die Plattform verlaufen – so sparen sich Organisationen und Teilnehmer*innen Zeit und verlieren wichtige Nachrichten nicht im Kuddelmuddel privater E-Mail-Postfächer. Zudem können sich Freiwillige untereinander austauschen. Auch darin sehen die beiden Gründer großes Potential: Der Austausch könne zu einer stärkeren Promotion des Volunteering und einer besseren Kollaboration untereinander führen – darin sehen die beiden auch für ihr persönliches Umfeld wertvolle Möglichkeiten. Sie hätten schon das Phänomen erlebt, dass sie mit Bekannten gemeinsam in einer Organisation gearbeitet hatten – ohne das aber von der anderen Person zu wissen. Der Anspruch ist also auch, das Thema Freiwilligenarbeit stärker in den öffentlichen Diskurs zu rücken und diese an Ansprüche ihrer Generation anzupassen. Ihre Generation beschreiben sie als aktiv und voller Tatendrang, gemeinsam und aktiv die Zukunft zu gestalten – auch sie selbst sind vom Wunsch geprägt, etwas Bedeutsames zu machen. Dabei könne gerade die Ausübung von Tätigkeiten, mit denen anderen Menschen oder der Umwelt geholfen werde, maßgeblich zur Selbstverwirklichung beitragen.
„Gemeinsam Gutes tun“
Dabei verwenden sie statt Ehrenamt bewusst den Begriff Volunteering, was sowohl lokale als auch globale Projekte und langfristige Engagementdauer sowie die einmalige Mithilfe bei einem Projekt miteinschließt. Gerade das soll durch die App auch besser gefördert werden: Oft ist es nicht viel, was einer Organisation zum Startschuss reichen würde – schon die Mithilfe bei einer öffentlichkeitswirksamen Veranstaltung kann großen Mehrwert bringen. Eine positive Veränderung im Leben anderer Personen oder in der Umwelt initiieren wollen mitunter auch Leute, die wenig Zeit zur Verfügung haben, aber bereit sind, Teile ihres Gehalts zu spenden. . Aus diesem Grund wird bei Letsact am allerliebsten von „Gutem tun“ gesprochen – damit sollen sich nun wirklich alle mit einbezogen fühlen.
In Kürze erwartet die App-Nutzer*innen eine neue Funktion: Neben dem lokalen Volunteering soll es auch die Möglichkeit geben, Geld für konkrete Projekte zu spenden. Damit kann Geld konkret in den Projekten eingesetzt werden, die die die jeweilige Person besonders wichtig findet. Im Anschluss im persönlichen Profil in der App kann direkt das Resultat des eingesetzten Geldes überblickt wird: Zum Beispiel, dass für jeden gespendeten Euro ein Baum gepflanzt wurde. Investments können dabei auch in kleinere Ausgaben wie Baumaterialien oder einen energieeffizienten Wasserkocher für Organisationen fließen.
Zudem soll in Kürze ein Matching-Projekt anlaufen: Volunteers, die Lust und Zeit haben, sich zu engagieren, aber wenig finanzielle Ressourcen zur Verfügung haben, könnten dann von Spender*innen eine Aufwandsentschädigung erhalten – so könnten Volunteering-Projekte noch partizipativer werden und verschiedene Personen mit aktivieren.
Die Finanzierung läuft zurzeit über Volunteering-Aktionen von großen Unternehmen – deren Mitarbeiter bekommen innerhalb der App auf das Unternehmen zugeschnittene Funktionen zur Verfügung gestellt. Corporate Volunteering wird auch in Europa zunehmend beliebter: die Mitarbeiter*innen bekommen die Möglichkeit, sich während der Arbeitszeit sozial zu engagieren. Positive Effekte sollen dabei eine gesteigerte Zufriedenheit, Produktivität und niedrigere Fluktuationsrate bei den Mitarbeiter*innen sein. Letsact bietet den Unternehmen dafür ein All-Inclusive-Paket: Zum Beispiel werden je nach Art und Branche des Unternehmens individuell passende Projekte angeboten und es wird dafür gesorgt, dass immer eine ausreichende Anzahl an Wahlmöglichkeiten vorhanden ist. Dafür zahlen die Unternehmen einen monatlichen Beitrag.
Was die Arbeitsweise angeht, pflegen die Jungunternehmer eine eigene Philosophie. Alle Mitarbeiter*innen können vom Wunschort aus arbeiten, nur effektiv und effizient sollte es sein. „Unser Office ist die Cloud“ ist das Motto – denn ein wirkliches Büro als physischen Raum hat das Team nicht. Dafür gibt’s zwei mal jährlich einen Teamausflug. Dabei verpflichten sich alle Mitarbeiter*innen dem ständigen Ziel, wirtschaftlichen und sozialen Mehrwert zu schaffen. Selbstverständlich engagieren sich auch jede*r der Mitarbeiter*innen bei Volunteering-Projekten.
„Wenn man Brücken bauen will, die die Leute nutzen wollen, dann muss man auf dem Qualitätsniveau abliefern“, so Ludwig Petersen. Der Anspruch, die App so übersichtlich und funktional gestalten, dass es so einfach ist, ein passendes Volunteering-Projekt fürs Wochenende zu finden, wie ein Uber zu buchen, bringt natürlich auch Herausforderungen mit sich: Noch immer seien sie im Team dabei, das Gebiet Ehrenamt und Volunteering komplett zu erschließen. Aktuell arbeiten sie daran, den Spendenprozess noch übersichtlicher und transparenter zu gestalten. Außerdem sind viele Organisationen im sozialen Sektor noch immer wenig digitalisiert – an Arbeit mangelt es dem Team wohl auch in Zukunft nicht.