Bei dem Münchener Projekt werden regionale und Bio-Lebensmittel bezahlbar und normale Kunden zu solidarischen Mitgliedern.
Gründe für den Griff ins Bio-Sortiment gibt es genug. Ob Dioxin in Fisch und Ei oder Tierquälerei – viele Konsumenten wollen das nicht mehr hinnehmen und bevorzugen vermehrt Produkte mit einem Bio-Siegel, denn sie versprechen eine nachhaltige Herstellung und Beschaffenheit von Produkten. Das belegen auch konkrete Zahlen: Der Bio-Anteil am Lebensmittelumsatz hat sich so in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt und liegt bei einem Marktanteil von etwa 5,9 Prozent. Trotz allem Anstiegs bleibt der Gesamtanteil gering. Warum eigentlich? Glaubt man den Ergebnissen repräsentativer Studien, liegt ein Hauptgrund in der Tatsache, dass fast die Hälfte aller Lebensmittel-Konsumenten, aufgrund der höheren Preise, nicht „bio“ kaufen, gleichzeitig aber zum Kauf bereit wären, würden die Produkte mit dem Siegel günstiger sein.
Um etwas gegen dieses Problem zu unternehmen und so den nachhaltigen Verbrauch von Lebensmittel zu stärken, betreiben Hannes Schmidt und Katharina Deininger in München den Mitgliederladen „Ökoesel“. Von der Butter bis zur Weinflasche werden dort nur biologische, nachhaltige und im besten Fall regionale Produkte verkauft. Wie der Name bereits verrät, werden Konsumenten in so einem Laden zu Mitgliedern einer Gemeinschaft, indem sie einen monatlichen Beitrag von höchstens 15 Euro zahlen. Im Gegenzug erhält man die gewünschten Waren bis zu 30 Prozent günstiger – fast zum Einkaufpreis. Möglich wird das, da durch die Mitgliederbeiträge anfallende Betriebskosten gedeckt werden und so auf hohe Profitmargen verzichtet werden kann. Bleibt die Frage: Warum das Ganze?
Ziel ist es damit auch die Menschen zu erreichen, die sich aus finanziellen Gründen keine hochwertigen Lebensmittel leisten können. Konkret sollen die Mitgliederbeiträge hier nach einem solidarischen Prinzip helfen, auch sozial Benachteiligten eine gesunde und nachhaltige Ernährung zu ermöglichen. So kann der monatliche Beitrag für Menschen, in besonders prekären Situationen, symbolisch kleiner ausfallen, in dem er von den Beiträgen der Anderen mitgetragen wird. So soll ein Raum entstehen, der „nicht wie alle anderen Supermärkte so sehr auf Profitgenerierung, sondern auf eine gute Versorgung fokussiert ist“, meint Hannes.
Begonnen hat alles im Herbst 2016 mit dem Angebot eines Lieferservices, bei dem Mitglieder zunächst ihre Bestellung online aufgegeben und per Rad nach Hause geliefert bekommen haben. Damals war auch noch Katharinas Bruder Konstantin mit dabei. Es folgte bald der erste Laden, damals noch im Keller des Elternhauses der beiden Geschwister. „Richtig los ging es, als wir dann zwei Mal pro Woche unseren Laden geöffnet hatten. „Da ging die Nachfragekurve steil nach oben“, erklärt Hannes. Die gute Nachricht war jedoch Herausforderung zugleich. So sind Hannes und Konstantin neben der Arbeit im Laden auch noch mit ihrer akademischen Laufbahn beschäftigt. Konkret bedeutet das für Hannes, seinen Soziologie-Master zu absolvieren und für Konstantin erfolgreich zu promovieren. „Es ist schwierig, hier im Laden und gleichzeitig in der Uni alles so zu schaffen, wie man es sich vorstellt – da muss man ein Kompromiss eingehen“, weiß Hannes. Letztlich war für Konstantin aber dieser Kompromiss zu groß, weswegen er aus dem operativen Geschehen im Laden aussteigen musste.
Eine neue Unterstützung ist jedoch schon in Sicht. Außerdem gibt es jede Menge Hilfe von den Mitgliedern des Ladens selbst. Die packen schon mal am Morgen mit an. Reine Konsumenten sind sie also wirklich nicht. Und genau das ist ja auch das Ziel des Ökoesels: „Mehr Verantwortung abgeben, mehr Leute ins Boot holen, mehr gemeinschaftlich gestalten“, so Hannes. Damit das auch in die Tat umgesetzt werden kann, musste bald eine neue Ladenfläche her. Der Umzug aus dem ersten Verkaufsraum im Elternhaus von Katharina und Konstantin gestaltete sich jedoch schwieriger als gedacht und brachte allmählich das ganze Projekt ins Straucheln. Ende 2018 war es aber dann soweit. Dem Umsatz hat der Umzug nicht geschadet, ganz im Gegenteil. So erklärt Hannes: „Zum einen haben wir einige neue Mitglieder aus der Nachbarschaft hinzubekommen, für die wir eine Lücke im Einkaufsangebot füllen, zum anderen sind uns unsere alten Kunden treu geblieben. Am Ende ist es schön zu sehen, was wir in den letzten zwei Jahren geschafft haben“.
Auch in Zukunft wird es sicherlich nicht langweilig. Mittlerweile können die Mitglieder an drei Tagen in der Woche zum Einkaufen kommen. Auch soll der neue Laden weiter ausgebaut werden, eine Käsetheke wartet noch darauf angeschlossen zu werden, zudem soll ein vergrößertes Angebot seinen Weg in die Regale finden. Schritt für Schritt – also alle beim Alten.
(c) Alle Bilder: Christoph Eipert