Pfand statt Einwegbecher, auch beim Kaffee für unterwegs
Am Morgen halb aus dem Bett in die Dusche gefallen, schnell angezogen und dann ab Richtung Uni oder Arbeit. Auf dem Weg holt man sich dann noch einen Coffee-to-go, der, sobald er nicht mehr die Zunge verbrennt, schnell heruntergespült wird. Offensichtlich geht es nicht mehr ohne den Wachmacher aus dem Einwegbecher. Aber auch nicht mit: Nach kurzer Zeit landet der Becher in der Tonne – oder daneben. Und das allein in Deutschland 320.000 Mal in der Stunde.
Der Einwegbecher ist für viele das Paradebeispiel unserer Wegwerfgesellschaft, die nur konsumiert und schnell durch Neues ersetzt. Aber es gibt Alternativen: Zum Beispiel den eigenen Kaffeebecher ins Café mitbringen. Aber den müsste man immer dabei haben, wenn man mal eben unterwegs Lust auf Kaffee hat. Für viele ist das nicht alltagstauglich. Abhilfe schaffen da die Gründer des Münchner Start-Up RECUP, die mit einem Pfandsystem für wiederverwendbare Becher die komplette Coffee-to-go Landschaft aufrollen.
Pfand statt Einweg
Fabian Eckert und Florian Pachaly haben sich ganz unabhängig voneinander Gedanken über das Becherproblem gemacht. Der Münchner Fabian hat Leadership for Sustainability in Malmö, Schweden, studiert und hat für ein Projekt an seiner Universität die Pappbecher in den Cafeterien gegen Tassen ausgetauscht – das Thema ist hängen geblieben. Beide erzählten am exakt gleichen Tag Julia Post, der Macherin der Kampagne gegen Einwegbecher „Coffee-to-go-again“, von ihrer Idee. „Jetzt habt ihr mir an einem Tag genau dasselbe erzählt. Ihr solltet unbedingt miteinander reden“, meinte Julia da zu Florian.
Danach ging alles sehr schnell. Innerhalb von drei Monaten starteten die Jungs ihre Testphase in Rosenheim, um herauszufinden, ob so ein Pfandsystem für Coffee-to-go-Becher überhaupt funktioniert. Weder Logo noch Becher waren bis zu dem Zeitpunkt wirklich ausgreift und trotzdem kamen schnell 26 Partner vor Ort zusammen, die teilweise ihre Becher nicht mal mehr zurückgeben wollten. „Wir wollten eigentlich nach acht Wochen erst einmal alle wieder einsammeln und die Ergebnisse auswerten, aber viele Cafés wollten weiter machen“, sagt Florian. Also blieben die Becher wo sie waren und gleichzeitig wurden neue, schönere Becher in zwei verschiedenen Größen und Farben in Auftrag gegeben.
Sie sind, wie Tupperware, aus Polypropylen, ein recycelbarer Kunststoff, der hitzebeständig, bruchsicher, lebensmittelecht und leicht ist. Der Hersteller garantiert 500 Spülgänge und im Test mit einem Spülmaschinenhersteller wurden sogar 1000 Spülgänge mit Erfolg getestet. Sollte ein Becher kaputt gehen, sendet RECUP ihn einfach zurück an den Hersteller, einem mittelständigen Unternehmer im Allgäu, der das Material wiederverwenden kann. Aber auch wenn er im Müll landet, wird er von den meisten Abfallwirtschaftssystemen aussortiert und in einen gesonderten Kreislauf gegeben. Seit einiger Zeit läuft bei der Deutschen Umwelthilfe außerdem eine Studie zur Ökobilanz von Mehrwegbechern – und auch der RECUP ist dabei. „Es kam heraus, dass bei 20-maliger Nutzung der RECUP nachhaltiger ist, als ein Einwegbecher“, sagt Johanna Perret von RECUP, die seit Beginn am Aufbau des Start-Ups mitgearbeitet hat.
RECUP goes Südafrika
Mittlerweile gibt es über 2.000 Partner in ganz Deutschland, die Teil des RECUPS-Pfandsystems sind, unter anderem in größeren Städten wie Hamburg, München, Berlin und Köln, aber auch in kleineren Städten, wie Oldenburg, Ludwigsburg, Augsburg oder Böblingen – und in ganzen Regionen, wie dem Allgäu, dem Bodensee oder Schwäbisch Hall. Alle Partner sind übersichtlich auf der RECUP-Karte (www.recup.de/app oder als Download-App) verzeichnet. Das RECUP-Team ist dementsprechend gewachsen. Waren es Ende 2016 nur Fabian und Florian, so sind es nun ganze 23 Mitarbeiter, die den Betrieb am Laufen halten. Selber finanzieren können sie sich aber noch nicht. Denn den einzigen Verdienst, den sie an dem Pfandsystem haben, ist der monatliche Mitgliedsbeitrag von einem Euro pro Tag pro Standort der Cafés. Seit 2018 gibt es aber auch ein Kaufprodukt: den Deckel, der nicht beim Pfandsystem dabei ist. „Nicht alle Partner wollen einen Deckel, zum einen, weil sie es nicht als nötig erachten und zum anderen aus hygienischen Gründen“, erklärt Johanna. Neu hinzu kam auch der 0,2 Liter Becher als dritte Größeneinheit in der To-go-Becher-Familie und bisher gibt es bereits 24-Städte-Kooperations-Editionen.
Das Jahr 2018 war für RECUP also ein Jahr voller Veränderungen und Wachstum. Ein Highlight war hier der Preis für den Gründer des Jahres, bei dem RECUP einer von acht Gewinnern war. Auch 2019 soll es so weitergehen und vor allem soll die Frage der Internationalisierung angegangen werden, für die es bisher noch keine konkrete Lösung, aber viele Ideen gibt. Anfang des Jahres überraschte das Start-Up dann alle mit der Mitteilung, dass es ab jetzt RECUP auch in Südafrika geben wird. „Unser Ziel ist es, dass es bald keine Einwegbecher mehr gibt“, sagt Florian.
(c) Alle Bilder Sebastian Preiß