Ein Sozialunternehmen beweist, dass Zeitarbeit nicht zwangsläufig Ausbeutung, sondern erfolgreiche Integration bedeuten kann.
In seinem Heimatland war Hamid (Name von der Redaktion geändert) ITler, doch die Umstände zwangen ihn zur Flucht. In Deutschland angekommen, suchte er drei Jahre lang einen passenden Job – vergebens. Das änderte sich jedoch, als er auf die soziale Zeitarbeitsfirma Social-Bee gestoßen ist. Dort bekam er eine Anstellung und wurde zunächst für einige Monate als Hilfsarbeiter in einem Münchner Unternehmen beschäftigt. Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende. Das Team von Social-Bee nutze diese Zeit um Hamid weiter beruflich zu fördern, was ihm letztlich eine Festanstellung in einem IT-Unternehmen einbrachte. Die Idee, dass Integration durch so etwas wie Zeitarbeit möglich ist, scheint also aufzugehen.
Das in Deutschland bisher einzigartige Projekt versteht sich hauptsächlich als Integrationskonzept für Geflüchtete: Während ihres Einsatzes in verschiedenen Partnerunternehmen werden die Geflüchteten sozialpädagogisch begleitet, machen Sprachkurse und nehmen an Personalentwicklungsmaßnahmen teil. Das Ziel ist die Vermittlung in eine qualifizierte Festanstellung oder Ausbildung nach spätestens eineinhalb Jahren.
Zarah Bruhn und Maximilian Felsner, das Gründerteam von Social-Bee, kennen sich aus Studienzeiten. Maximilian hat Volkswirtschaftslehre studiert und sich schon damals nebenbei sozial engagiert. Die Betriebswirtin Zarah wurde durch eine Freundin mit Fluchthintergrund mit den Themen Flucht und Migration konfrontiert. Nachdem sie sich mehrere Monate ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe tätig war, ging sie mit der Idee, eine eigene Initiative zu gründen, auf Maximilian zu. Gemeinsam entwickelten sie das Konzept von Social-Bee. Was dann folgte, war vor allem eines: harte Arbeit. Beide kündigten ihre Jobs, nahmen ein Darlehen auf und tüftelten weiter an ihrem Konzept im Entrepreneurship Center der Ludwig-Maximilians-Universität München. Das hat sich ausgezahlt: Seit der Gründung 2016 ist das Team auf etwa 30 Personen angewachsen, und neben den Standorten in München und Stuttgart kommen gerade neue Büros in Hamburg und Köln dazu. Zu dem Erfolg gehören auch etwa 100 Flüchtlinge, die in Zeitarbeit beschäftigt sind und somit eine Möglichkeit zum Broterwerb gefunden haben. Das selbst gesteckte Ziel erfolgreicher „Integrationsdienstleister“ zu sein, ist also geglückt. Das wissen die Social-Entrepreneure auch aus persönlicher Erfahrung. „Wir bekommen ziemlich oft emotionale Danksagungen, Ehemaliger, in denen es heißt: Danke, dass ihr mir geholfen habt, ohne euch hätte ich es nicht geschafft!“, weiß Maximilian zu berichten.
Die Einsatzgebiete der angestellten Flüchtlinge sind insbesondere die Lagerlogistik- und Produktionsbranche. Bei diesen eher niedrigqualifizierten Tätigkeiten sind die Einstiegshürden, gerade für Flüchtlinge ohne jegliche Ausbildung, geringer. Gleichzeitig stehen Weiterbildungsmaßnahmen, wie etwa Sprachkurse und EDV-Schulungen, zur Verfügung. Die Hürden für Social-Bee selbst scheinen jedoch dagegen höher zu werden. „Tendenziell sind die politischen Rahmenbedingungen schlechter geworden, etwa bei der Vergabe von Arbeitserlaubnissen – da gab es früher weniger Probleme. Zudem sind die gestellten Anforderungen an die geflüchteten Arbeitssuchenden völlig überzogen, während gleichzeitig benötigte Fachkräfte grundlos abgeschoben werden. Das heißt, Politik geht dann doch oft am eigentlichen Ziel vorbei“, erzählt Maximilian.
Aber es bleibt dabei – nicht die Flexibilität der Unternehmen steht im Mittelpunkt, sondern die Begleitung der Geflüchteten auf dem Weg ihrer Integration. Unternehmen verpflichten sich zum Beispiel von Vornherein, Social-Bee-Zeitarbeiter für mindestens neun bis zwölf Monate zu beschäftigen. Trotzdem arbeiten Unternehmen gerne mit Social-Bee zusammen. Denn einer der Vorteile ist die Vermittlung von sehr motivierten und gut betreuten Mitarbeitern, die sie im Anschluss an das Social-Bee Programm fest übernehmen können. Und das letztlich mit einer Erfolgsquote von 70 Prozent. Zudem ist diese Variante der Zeitarbeit eine Möglichkeit für Unternehmen, sich über eine Dienstleistung sozial zu engagieren, die sie ohnehin in Anspruch nehmen. All das zahlt sich auch für die Gründerin Zarah schon jetzt aus: „Alle Mitarbeiter, die bei uns waren, haben sich sehr entwickelt und ich freue mich drauf, wenn wir sie in 20 Jahren sehen und sie mir sagen, dass Social-Bee ihnen wirklich etwas gebracht hat. Dafür haben wir jetzt die Verantwortung. Die Mitarbeiter vertrauen uns genauso wie wir ihnen, dem muss man auch gerecht werden.“
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