Mit essbaren Löffeln aus Kakaoschalen lineare Verbrauchsmuster durchbrechen
Rund 113 Kugeln Eis schleckt jeder Deutsche im Jahr – eine willkommene Abkühlung bei den immer heißeren Sommertemperaturen. Dabei werden aber auch pro Jahr mehr als 360 Millionen Eislöffel aus Plastik verwendet, die nach einmaligem Gebrauch im Müll, auf dem Boden oder irgendwann einmal im Meer landen: Eine unnötige Ressourcenverschwendung, die Umweltverschmutzung und Klimaerwärmung noch weiter vorantreibt Die beiden Managementstudentinnen Amelie Vermeer und Julia Piechotta haben zusammen mit der Ernährungsexpertin Anja Wildermuth diesem Auswuchs der Wegwerfgesellschaft den Kampf angesagt. Gemeinsam haben sie in wochenlangen Back-Experimenten in ihrer WG-Küche in Stuttgart den Spoonie entwickelt, eine nachhaltige Alternative zum Plastiklöffel. Hergestellt aus einem Teig aus Kakaoschalen, einem Überbleibsel aus der Schokoladenherstellung, sind die Löffel essbar und schmecken leicht nach Schokolade. Aber sie schmelzen nicht, geben keinen Geschmack an das Eis ab und weichen erst nach 60 Minuten auf – bis dahin ist das Eis sowieso schon geschmolzen oder besser längst aufgegessen. Hergestellt wird der Spoonie in Deutschland und auch die Verpackungs- und Marketingmaterialien wurden unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten gestaltet. Der Spoonie stellt also wohl die nachhaltigste Art dar, im Sommer sein Eis zu löffeln.
Doch Moment einmal. Wäre es nicht nachhaltiger, die kühlende Erfrischung im Eiscafé im Glasgeschirr und mit normalen Metallbesteck zu löffeln? Oder zum Mitnehmen in der Waffel bestellen und ganz ohne Löffel schlecken? Oder am besten bei stetig steigender Klimaerwärmung ganz auf ein Produkt verzichten, das unter hohem Energieaufwand gekühlt werden muss und nur wenige Augenblicke Erfrischung bietet? Handelt es sich bei dem vermeintlich nachhaltigen Löffel nicht viel mehr um ein kluges Marketingkonzept, das den aktuellen Nachhaltigkeitstrend ausnutzt? Möglicherweise kann man mehrere oder alle dieser Fragen mit Ja beantworten.
Doch das würde von dem großen Potential ablenken, das der Spoonie hat. Hergestellt aus einem Abfallprodukt wird aus dem Spoonie selbst ein Lebensmittel, das gegessen werden kann: Ein seltener Fall von einem echten Upcyclingprodukt, in dem aus scheinbar wertlosen Stoffen wirklich etwas Höherwertiges geschaffen wird. Damit wird das lineare Wirtschaften der Wegwerfgesellschaft an dieser Stelle durchbrochen, in dem Kakaoschalen nicht im Müll und Plastiklöffel nicht im Meer landen. Das mag auf die Müllmenge erstmal nur einen kleinen Unterschied machen, aber der nachhaltige Löffel kann einem beim Eis essen vor Augen führen, dass eine Kreislaufwirtschaft möglich ist und dafür nur ein Umdenken in der Gesellschaft nötig ist.