Eine Chance für nachhaltiges und soziales Unternehmertum
Den Begriff Open Source kennen die Meisten wohl in erster Linie aus dem Kontext der Open Source Software. Open Source ist aber viel mehr als das – und spielt nicht nur in der IT eine große Rolle. Besonders für nachhaltig und sozial agierende Unternehmen kann Open Source eine Lösung sein, um schnell und langfristig zu skalieren, Marktanteile zu gewinnen, Nutzer zu aktivieren oder Entwicklungskosten zu teilen.
Die Ursprünge von Open Source findet man nicht wie oft vermutet im Digitalen, sondern in der Do-It-Yourself (DIY) Bewegung, die ihre Anfänge im England der 50er Jahre hatte. Heute verbindet man damit vor allem handwerkliche und kreative Tätigkeiten. Damals aber ging es um Selbstermächtigung, Selbstorganisation sowie um die Kritik an Industrieprodukten und passivem Konsum. Themen, die auch heute noch durchaus aktuell sind. Erst in den 80er Jahren wurde der Begriff von der Freien-Software-Bewegung aufgriffen und neu geprägt. Anfangs handelte es sich nur um eine kleine Gruppe Programmierer, die sich gegen die Kommerzialisierung ihrer Arbeit sträubten – mittlerweile ist die Open Source Bewegung einer der größten sozialen Bewegungen weltweit.
Oft wird Open Source mit „kostenloser“ Software in Verbindung gebracht, aber es handelt sich hierbei ganz grundsätzlich um Gemeingüter, die jedem zur freien Nutzung zur Verfügung stehen. Diese Güter dürfen benutzt, geteilt und verändert werden – der exklusive Besitz wird ausgeschlossen. Ein gutes, digitales Beispiel dafür ist Wikipedia: jeder hat die Möglichkeit auf die Enzyklopädie zuzugreifen, sie für eigene Zwecke zu nutzen, sich an ihr zu beteiligen, aber niemand kann sie exklusiv für sich beanspruchen oder anderen die Teilhabe verwehren. Aber trotz dieses gemeinwohlorientierten Ansatzes, kann man mit Open Source auch Geld verdienen. WordPress oder Linux etwa setzen Geschäftsmodelle erfolgreich um, die auf dem Prinzip der Beteiligung aller basieren.
Um digitale Gemeingüter zu schützen, gibt es „Open Source Lizenzen“ wie die GNU Public License, die dafür sorgt, dass eine Software „frei bleibt“. Das bedeutet konkret: Jeder darf die Software mitsamt ihrem Quellcode herunterladen, benutzen, weitergeben und sogar verändern; und wiederum diese veränderten Versionen weitergeben. Auch nach dem letzten Schritt schützt die Lizenz die veränderte Software, denn sie sagt auch, dass das Recht auf freie und gemeinsame Teilhabe niemand anderem verwehrt werden darf – auch nicht auf die Version einer Software, die die einzelne Nutzerin selbst verändert hat. Auch kreative Inhalte lassen sich schützen. Die Creative Commons License kümmert sich als gemeinnützige Organisation darum, dass Künstler selbst entscheiden, ob und wie weit sie Gebrauch von ihren Urheberrechten machen. Flickr arbeitet zum Beispiel mit der Creative Commons License und ermöglicht es so dem Nutzer schnell einzusehen, ob und wie umfassend ihre Bilder benutzt werden.
Open Source beschränkt sich aber längst nicht mehr nur auf das Digitale. Ein guter Beweis hierfür sind die sogenanntenFabLab, die Raum und Material für gemeinnützige Kollaboration bereitstellen. Sie sind ein Teil der Open Source Bewegung, weil sie nicht nur einigen, sondern allen einen Zugang zu Werkstätten und industriellen Produktionsverfahren ermöglichen – sozusagen zur Hardware des Open Source Prinzips. Als solch eine Art Hardware gelten etwa Anleitungen für den Bau eines Autos, eines 100-Dollar-Computers oder günstiger Selbstbau-Solarsysteme. Hier lässt sich nun wieder eine direkte Verbindung schlagen zum ursprünglichen Entstehen des Open Source Gedankens der DIY-Bewegung.
Open Source und soziales Unternehmertum
Vorteile von Open Source gibt es viele. Für Sozialunternehmen sind dabei die folgenden besonders interessant:
- Märkte erkennen und testen:
Eine umfassende Marktanalyse ist oft methodisch aufwendig und teuer. Teile des eigenen Produkts offen und online anzubieten hilft oft dabei, schnell herauszufinden, ob es einen Markt gibt und wie dieser auf das Angebot reagiert. - Kreative Lösungsansätze durch die Ideen Vieler:
Ist ein Produkt erst mal auf den Markt gebracht, kann man die Nutzer-Crowd dazu aktivieren schnelles Feedback zu geben und bei der Verbesserung des Produktes zu unterstützen. WordPress etwa profitiert bei der Weiterentwicklung ihres Angebots sehr stark von der Crowd, indem sie direkt Feedback von denjenigen bekommen, die das Angebot auch wirklich und tagtäglich nutzen. - Soziale Legitimität:
Ein Unternehmen, das sein Wissen oder Teile davon für alle zugänglich macht, kommuniziert eine transparente und soziale Haltung. Open Source kann von Anfang an Vertrauen schaffen. So genießen WordPress und Wikipedia im Vergleich zu kommerziellen Anbietern einen guten Ruf, weil alle Nutzer die dahinterliegenden Prozesse nachvollziehen sowie wirksam mitgestalten können. Der Einsatz von Open Source Methoden als Marketing-Tool, speziell in der Marktforschung ist durchaus legitim, denn auch hier werden Ressourcen eingespart was eine Win-Win-Situation für beide Seiten darstellt. - Sicherheitslücken entdecken:
Besonders im Bereich der Software lassen sich durch das Open Source-Prinzip schnell Sicherheitslücken und Schwachstellen aufgrund der hohen Anzahl möglichen Feedbacks aufdecken und beheben – oft viel schneller als wenn die Software nur inhouse getestet wird.
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Mehr InformationenWie aber kann man eigene Projekte ganz im Sinne des Open Source-Gedanken umsetzen – vielmehr noch: Wie kann man Open Source für sich, sein Unternehmen oder Projekt nutzen? Grundsätzlich gilt: Open Source ist nicht nur eine Methode, sondern es ist es vor allem eine Einstellung. Dabei ist eine ganzheitliche Analyse notwendig. Die folgenden fünf Fragen können dabei helfen, grundsätzlich zu klären, ob Open Source für ein Unternehmen oder Projekt in Frage kommt:
1. Warum ist Open Source wichtig für dich und dein Projekt?
- Willst du dein Wissen mit anderen teilen und wenn ja warum?
- Möchtest du eine Community aufbauen und wenn ja zu welchem Zweck?
- Kann dir Open Source zu einer besseren Entwicklung deines Projektes verhelfen?
2. Was willst du öffnen?
- Was kann und will ich weitergeben?
Hier geht es nicht zwingend um das Prinzip ganz oder gar nicht. Es können auch nur Teile eines Unternehmens zugänglich gemacht werden.
3. Wer will deine Inhalte nutzen?
- Wer ist die Zielgruppe deiner Inhalte?
- Warum sollten sie deine Inhalte nutzen?
- Gibt es Partner, Kunden, Communities, die Interesse an deinem Angebot haben könnten?
4. Wie sollen deine Inhalte genutzt werden?
- Was dürfen User mit deinen Inhalten machen und was nicht?
- Gibt es Einschränkungen in der Nutzung?
- Welche Regeln sind mit der Nutzung verbunden?
5. Wie kannst du die Community in eine nachhaltige Entwicklung einbinden?
- Wie kannst du Nutzerfeedback von der Community bekommen?
- Wie (schnell) kannst du Nutzerfeedback integrieren?
- Wie kannst du Nachhaltigkeit mit deinem Angebot gewährleisten?
Für die Beantwortung dieser Fragen hat sich der globale „Think- und Do-Tank Oui Share, die Verbreitung des Open Source Gedanken zur Unternehmensphilosophie gemacht. Dafür wurde ein Canvas zusammengestellt, der die Beantwortung dieser Fragen vereinfacht und den man hier downloaden kann. Wer den Artikel aufmerksam gelesen hat, wird die Symbole der Creative Commons Lizenz am unteren Rand des Canvas wiedererkennen – der Canvas darf also nicht nur heruntergeladen, sondern auch gedruckt, benutzt und weitergegeben werden.
Es müssen natürlich nicht alle Bereiche des eigenen Projekts geöffnet werden. Es gilt nicht das Prinzip „ganz oder gar nicht“, sondern ist es vollkommen legitim im Einzelfall zu entscheiden, welche Inhalte zu einer Open Source werden und welche nicht. Oft ist es Teil der Vertriebsstrategie, nur bestimmte Inhalte bekannt zu geben, um potentielle Kunden erst recht zum Kauf zu motivieren. So lässt sich etwa die Software des fairphones komplett als Open Source herunterladen, die Hardware um diese zu nutzen, ist aber nur käuflich zu erwerben. Viele Nutzer motiviert jedoch die Einstellung des Unternehmens, was sie letztlich zum Kauf motiviert. Open Source lässt sich in diesem Fall auch als Marketinginstrument nutzen. Sowie ganz unabhängig von kommerziellen Zielen oder für den Einsatz von Softwarelösungen, kann das Open Source Prinzip nicht nur auf ein Produkt oder eine Dienstleistung angewandt werden, sondern kann es als Grundsatz einer ganzen Organisation dienen. So sollen etwa mit Formaten wie dem „SkillzBazaar“ Menschen dazu ermutigt werden ihr Wissen und Können mit anderen zu teilen. Dabei kann jeder seine eigenen Fähigkeiten anderen Interessierten vermitteln und beibringen. Ob man dabei lernt, das erste Stück auf dem Klavier zu spielen oder einen Schal zu häkeln, bleibt einen selbst überlassen.
Lesetipp //
http://www.ifross.org/welches-sind-wichtigsten-open-source-lizenzen-und-welchem-lizenztyp-gehoeren-sie
(C) Header Image by Alex Holyoake