Auch wenn die meisten meinen zu wissen, was eine Stiftung ist, birgt das Stiftungswesen doch mehr Besonderheiten als man denkt.
Stiftungen gehören in Deutschland zum Dritten Sektor oder auch Nonprofit-Bereich und können somit weder dem staatlichen, noch dem erwerbswirtschaftlichen Sektor zugeordnet werden. Jedoch halten sie in Deutschland eine sehr wichtige Funktion inne, denn sie übernehmen gemeinnützige Aufgaben, die sonst keiner leisten will oder kann. Das Stiftungswesen ist sehr viel größer, als den meisten bewusst ist und wird weiter wachsen, so zumindest die Prognose des Bundesverband Deutscher Stiftungen. Die meisten Menschen haben in Ihrem Alltag viele Berührungspunkte mit Stiftungen, wie beispielsweise mit der Stiftung, die das Stadtmuseum betreibt, die Universität unterstützt, Stipendien vergibt, Nachbarschaftsprojekte fördert oder ganz einfach auch mit der Stiftung Warentest.Trotzdem wissen viele nicht wirklich, wie das Stiftungswesen funktioniert und welche gesetzlichen Regelungen und steuerlichen Ausnahmen für Stiftungen gelten.
In Deutschland gibt es etwa 21.000 Stiftungen privaten Rechts, die Hälfte davon ist nicht älter als 20 Jahre. Seit 2001 hat sich ihre Anzahl verdoppelt. Sie haben durchschnittlich einen Ertrag von 20.000 Euro. Die meisten dieser kleinen Stiftungen werden von Ehrenamtlichen geführt.
Das geschätzte Gesamtvermögen aller Stiftungen liegt bei etwa 100 Milliarden Euro – daraus werden etwa fünf Milliarden Euro im Jahr erwirtschaftet und für gemeinnützige Zwecke ausgegeben. Dazu kommen zwölf Milliarden Euro zusätzlich durch, zum Beispiel, eingeworbene Spenden, Fundraising oder sonstige Aktivitäten. Im Vergleich dazu: Insgesamt 139,18 Milliarden Euro umfasste der Etat des Ministeriums für Arbeit und Soziales in 2018.
Elemente der Stiftungsarbeit
Jede Stiftung besteht aus drei Elementen: dem Stiftungszweck, dem Stiftungsvermögen und dem der Stiftungsorganisation. Gesetzliche Regelungen dazu findet man im §§ 80ff BGB und in Teilen des Vereinsrechts. Um eine Stiftung zu gründen muss der Stifter seinen Willen diese zu
gründen zum Ausdruck bringen. Er verpflichtet sich ein bestimmtes Vermögen einzubringen, bestimmt die Organe, die für die Stiftung handeln sollen und verfasst eine Satzung, die das alles beinhaltet. Eine Beispielsatzungen findet man hier. Das Stiftungsgeschäft muss dann von der Stiftungsbehörde anerkannt werden. So erlangt die Stiftung den Status einer juristischen Person. Sie hat keinen Eigentümer, sondern gehört sich selbst.
Der Stiftungszweck
Jede Stiftung wählt einen oder mehrere Zwecke, die in der Satzung festgelegt werden. Die möglichen Stiftungszwecke sind vorgegeben, man findet sie in er Abgabenordnung (AEAO § 52). Beispiele dafür sind die Förderung von Wissenschaft und Forschung, die Förderung von Kunst und Kultur, die Förderung des Tierschutzes oder die Förderung der Heimatpflege und Heimatkunde. Insgesamt kann man aus 25 Zwecken wählen. Eine Stiftung kann mehrere Zwecke verfolgen, muss diese aber auch alle jedes Jahr bedienen. Rund die Hälfte der deutschen Stiftungen agieren in den Bereichen Gesellschaft, Bildung, Soziales und Umwelt.
Der Stiftungszweck kann nur dann nachträglich geändert werden, wenn der ursprüngliche Zweck nicht mehr erfüllt werden kann, wie zum Beispiel bei der Renovierung eines Gebäudes, welches irgendwann fertig gestellt ist oder wenn die Zielgruppe der Stiftung nicht mehr existent ist.
Das Stiftungsvermögen
Das Stiftungsvermögen wird immer für die Ewigkeit angelegt. Das Stiftungskapital darf nicht verbraucht, sondern nur benutzt werden, um Ertrag zu generieren. Deshalb ist der Wert der Stiftung nicht so wichtig, wie der Ertrag den sie erwirtschaftet. Sie genieren eigene Einnahmen durch die Verwaltung ihres Kapitals. Deshalb muss man auch mindestens 50.000 Euro aufbringen, um eine Stiftung gründen zu können. Dies ist nicht gesetzlich verankert, aber die Stiftungsaufsichtsbehörde sagt zu Recht, dass der Ertrag, der aus Summen unter 50.000 Euro generiert werden kann, zu klein ist, um erfolgreiche Stiftungsarbeit zu leisten und die Verwirklichung des Stiftungszwecks zu gewährleisten. Stiftungsvermögen ist nicht immer automatisch Geld, es können auch ganze Unternehmen sein, Wertgegenstände wie Kunstwerke oder Immobilien, aber auch immaterielle Werte wie Patente oder Marken. Gegenwärtig investieren die meisten Stiftungen in Unternehmensanleihen, sowie dividendenstarken Aktienwerte. Für kleine Stiftungen eignen sich vor allem Pooling-Lösungen, um (Verwaltungs-)Kosten zu sparen. Stiftungen müssen ihre Mittel zeitnah für den Stiftungszweck ausgeben. Selbst Rücklagenbildung ist nur eingeschränkt möglich. Dabei darf der Stifter selbst und seine Familie
keine Mittel erhalten. Deshalb sollte sich der Stifter, der zu Lebzeiten stiftet, gut überlegen, ob er sein gesamtes Vermögen investiert oder doch einen Teil zurück hält, um seine eigene Versorgung und die der Familie zu gewährleisten, denn eine Stiftungsauflösung ist nicht möglich.
Eine große Herausforderung stellt die Erwirtschaftung von Erträgen und Einnahmen in Niedrigzinsphasen dar. Bei den momentanen Zinslagen ist es für jede Stiftung sehr schwierig, überhaupt so viel Ertrag zu erwirtschaften, dass nach Verwaltungskosten noch etwas übrig bleibt. Aus diesem Grund kommen sie in diesen Zeiten auch in die Situation, dass sie Tätigkeiten zurück schrauben oder sogar Mitarbeiten entlassen müssen. Viele Stiftungen versuchen aber das Problem auch anders zu lösen, betreiben Fundraising oder sammeln Spenden, um ihr Budget so auf andere Weise zu erhalten. Stiftungen sind steuerbegünstigt, sie zahlen keine Ertrags- oder Erbschaftssteuern, sie sind aber umsatzsteuerpflichtig. Jede Stiftung wird sowohl durch die Stiftungsaufsichtsbehörde, die es in jedem Bundesland gibt, sowie wie das Finanzamt, beaufsichtigt und kontrolliert.
Stiftungsorganisation
Stiftungen sind ganz unterschiedlich aufgebaut. Meist jedoch gibt es ein Kuratorium oder Stiftungsrat, einen oder mehrere Vorstände und Mitarbeiter. Wenn der Stifter noch lebt nimmt er oder sie meist die Rolle des Kuratoriumsvorsitzenden ein. Unterscheiden kann man auch zwischen fördernden und operativen Stiftungen. Fördernde Stiftungen leisten meist rein finanzielle Unterstützung für Projekten von gemeinnützigen oder staatlichen Einrichtungen (Vereine, Hochschulen und Gemeinden…). Eine rein fördernde Stiftung ist beispielsweise die Volkswagen Stiftung. Operative Stiftungen setzen meist nur eigene Projekte um, wie Veranstaltungen, Vergabe von Preisen und Stipendien. Eine große meist operativ arbeitende Stiftung ist zum Beispiel die Bertelsmann Stiftung.
Natürlich gibt es auch Stiftungen, die sowohl operativ als auch fördernd tätig sind, so zum Beispiel die Hans Sauer Stiftung, die mit relaio ein großes operatives Stiftungsprojekt innehält, aber auch Projekte fördert wie zum Beispiel die freie Lernplattform serlo.
Warum werden denn nun Stiftungen gegründet? Natürlich steht für viele wohlhabende Menschen der Wunsch im Vordergrund, ihr Vermögen für die Ewigkeit einer guten Sache zur Verfügung zu stellen. Oft kommt aber auch hinzu, dass es schlichtweg keine Erben gibt oder niemanden, dem man sein Vermögen vererben möchte. Die Stiftung fungiert deshalb in den meisten Fällen als Erbin – nicht zu letzte auch weil keine Erbschaftssteuer, die bis zum 50 Prozent betragen können, anfallen und so das Geld einer sinnvollen Sache zu Gute kommt und nicht an den Staat fällt. Praxis ist zudem oft, dass Stiftungen zu Lebzeiten durch die Stifter gegründet werden und dann automatisch als Erbe des Vermögens fungieren, wenn der Stifter stirbt.
Beispiele für Stiftung, die im Bereich der Nachhaltigkeit agieren:
1.) Hans Sauer Stiftung
Sitz: München
Art: fördernd und operativ
Zweck: Die Hans Sauer Stiftung hat es sich zu Aufgabe gemacht, gezielt technische und soziale Innovationen zu fördern, bei denen der gesellschaftliche Nutzen im Vordergrund steht; ethische, ökologische und interkulturelle Fragestellungen in den Innovationsprozess zu integrieren und die Entwicklung von Kompetenzen für verantwortungsbewusstes Denken und Handeln zu fördern
Website: www.hanssauerstiftung.de
2.) Deutsche Bundesstiftung Umwelt
Sitz: Osnabrück
Art: fördernd und operativ
Auftrag: Die DBU fördern innovative, modellhafte Vorhaben zum Schutz der Umwelt. Dabei leitet sie ökologische, ökonomische, soziale und kulturelle Aspekte im Sinne der nachhaltigen Entwicklung. Die mittelständische Wirtschaft ist für die BDU eine besonders wichtige Zielgruppe.
Website: https://www.dbu.de/
3.) Stiftung Mercator
Sitz: Essen
Art: fördernd und operativ
Ziele: Die Stiftung Mercator will keine Effekte, sondern Resultate erzielen. Deshalb steht bei der Auswahl Ihrer Themen und der Identifikation Ihrer Ziele nicht die Machbarkeit von Projekten im Vordergrund, sondern die Erreichbarkeit von gesetzten Zielen. In ihren vier Clusterthemen
verfolgen sie folgende Ziele: Europa: Die Stärkung des Zusammenhalts und der Handlungsfähigkeit Europas. Integration: Die chancengleiche Bildung für Menschen mit Migrationshintergrund. Klimawandel: Die Reduzierung von Treibhausgasemissionen zur Begrenzung eines
gefährlichen Klimawandels. Kulturelle Bildung: Die Verankerung Kultureller Bildung in der schulischen Bildung.
Website: https://www.stiftung-mercator.de/
4.) Schweisfurth Stiftung
Sitz: München
Art: operativ
Ziele/Zweck: Die Förderung der Wissenschaft, insbesondere der Erforschung und Entwicklung von gesunder, naturgemäßer Ernährung, naturgemäßer und umweltfreundlicher Methoden des Landbaus und der natur- und artgemäßen Haltung von Tieren unter Berücksichtigung eines nachhaltigeren Umgangs mit den natürlichen Ressourcen, einschließlich der intelligenten Nutzung von Energie und einer den Menschen und der Natur gemäßen Bauweise sowie einer Arbeit, die Mensch und Natur achtet. Die Förderung der Bildung. Die Förderung von Kunst und Kultur als Beitrag für einen kreativen und behutsamen Umgang mit der natürlichen und sozialen Mitwelt. Die Förderung der Jugend- und Altenhilfe. Die Förderung der Entwicklungshilfe.
Website: http://www.schweisfurth-stiftung.de/
Mehr Informationen rund um das Thema Stiftungen findet man beim Bundesverband Deutscher Stiftungen.